
Michi Klemera war Handballnationalspieler, Triathlet, Motorradfan und Mädchenschwarm. Und er hatte schon immer eine Verbindung zur Welt der Mode – über die Firma seines Vaters, der einen Schuhgroßhandel in Bozen, Südtirol, betrieb. Doch als Michi gemeinsam mit seinem Bruder Hansjörg bei einem Notar zufällig auf die Erben von Luis Trenker traf, hatte er keineswegs die Vision, eine Modemarke zu gründen. Die beiden hatten lediglich spontan die Idee, den Namen Luis Trenker zu vermarkten – übrigens gegen den Widerstand des Vaters, der überhaupt kein Fan von Luis Trenker war. Aus einem einfachen Grund: Auf seinen Bergtouren wurde er – braungebrannt, weißhaarig und mit Filzhut – von Touristen oft mit dem Original verwechselt. „Schau, der Trenker Luis!“, riefen diese dann, sehr zum Missfallen von Klemera senior.
Als der Vater schließlich doch überzeugt wurde und die Markenrechte tatsächlich in den Besitz der Brüder übergingen, waren sie zwar glücklich, wussten aber zunächst nicht, was sie damit anfangen sollten. Erst dachten sie daran, unter dem Namen Trenker Südtiroler Speck oder Wein zu vermarkten, später einen Schnaps oder gar ein Busunternehmen zu gründen. Dass sie sich am Ende glücklicherweise für die Modewelt entschieden, lag vermutlich daran, dass sie durch den elterlichen Betrieb in diesem Bereich das meiste Know-how besaßen. Ganz ohne Unterstützung wagten die Jungunternehmer den Sprung ins Modebusiness jedoch nicht. Sie holten sich einen kompetenten Partner ins Boot: den bayerischen Schuh- und Trachtenhersteller Meindl.
Mit dieser traditionsreichen Unternehmerfamilie war man lange verbunden, da Michi Klemera deren Lederbekleidung in Italien vertrieb. So wurde 1995 die Modemarke „Luis Trenker“ geboren. Der sehr spezielle Charakter dieser nostalgisch angehauchten, innovativ interpretierten Mode erregte schnell Aufmerksamkeit. Luis Trenker war alpin und modisch zugleich – keine Tracht, aber dennoch heimatverbunden, mit einem sehr individuellen Touch, abseits aller Klischees. Das war aber auch gewissermaßen ein Problem: Die Marke passte in keine der gängigen Schubladen. So wurde der Begriff „Alpine Lifestyle“ geprägt – er dokumentierte die Verbindung von modischem Anspruch mit alpiner Tradition.


Die stimmungsvollen, atmosphärisch dichten Schwarz-Weiß-Fotos sorgten für eine gelungene, heroische Markeninszenierung. Alpin-urban – das war schon zur Jahrtausendwende ein wesentlicher Charakterzug des Bozner Modelabels. Obwohl man Branchenkrisen überstand, viel Kritikerlob erhielt und zahlreiche Auszeichnungen auf großen Modemessen gewann, blieb der kommerzielle Erfolg zunächst hinter den Erwartungen zurück. So stiegen Meindl und auch Hansjörg Klemera nach fünf Jahren aus dem Unternehmen aus. Zurück blieb Michi Klemera, der seinen Traum von einer alpinen Modemarke, deren Leuchtschrift den Times Square erhellt, um keinen Preis aufgeben wollte. Ganz allein – nur mit einer Assistentin – stellte er innerhalb kürzester Zeit eine neue Kollektion auf die Beine. Und dann geschah das Unglaubliche: In nur einer Saison machte die Marke genauso viel Umsatz wie in den gesamten fünf Jahren zuvor. Von da an ging es Schlag auf Schlag. Land Rover wurde Luis-Trenker-Partner und brachte Jahre später sogar eine eigene „Range Rover Luis Trenker Edition“ auf den Markt, die innerhalb weniger Tage ausverkauft war.
Deutschlands beliebtester Showmaster Thomas Gottschalk entdeckte die Marke für sich und moderierte „Wetten, dass..?“ im eleganten Luis-Trenker-Outfit – ebenso wie Stefan Raab bei „TV total“.
Arnold Schwarzenegger ließ sich für den Katalog im Trenker-Shirt ablichten, und zahlreiche prominente Südtiroler Skistars – wie Doppelweltmeisterin Isolde Kostner – wurden Testimonials der Marke. Die Nähe zum Sport war generell ein wichtiges Thema. So kleidete Luis Trenker im Winter 2006 in Turin das brasilianische Olympiateam ebenso ein wie die deutsche Paralympics-Mannschaft. Immer wieder engagierte sich das Unternehmen auch sozial – etwa für die Südtiroler Sporthilfe oder die Organisation „Südtiroler Ärzte für die Welt“. Letzteres Engagement ermöglichte die Errichtung einer Health Post in Äthiopien – eine bemerkenswerte karitative Initiative, die viel über das soziale Engagement von Michi Klemera verrät.


Ein Highlight im wahrsten Sinne des Wortes war 2012 die höchstgelegene Modenschau der Welt – am Gipfel des Ortlers, mit 3.905 Metern der höchste Berg Südtirols. Und dass man nicht nur in den Bergen zu Hause ist, sondern überall dort, wo Menschen das Individuelle und Außergewöhnliche suchen, zeigt der Luis-Trenker-Shop auf Sylt, der seit 2010 besteht – fernab aller schneebedeckten Gipfel.
Mittlerweile betreibt das Unternehmen 15 eigene Shops in Italien, Deutschland und Österreich, die ein komplettes Markenerlebnis bieten und den Erfolg der Marke dokumentieren, die ein immer breiteres Publikum erreicht. Streng genommen sind es sogar 16 Shops, denn der Onlineshop ist der erfolgreichste von allen. Maßgeblich für den Erfolg sind aber auch die rund 200 Kunden im hochwertigen Modefachhandel in der gesamten Alpenregion. In den 30 Jahren seit der Gründung ist Luis Trenker sich selbst treu geblieben und konsequent seinen eigenen Weg gegangen. Dennoch hat sich die Marke im Laufe der Jahre kontinuierlich weiterentwickelt.
Der italienische Einfluss wurde immer spürbarer – und die Marke ist längst über ihre Nische hinausgewachsen, hat Kultstatus erreicht. „Unlimited“ ist heute die Botschaft einer Marke, die immer wieder Grenzen sprengt, Neuland betritt und mit unbändiger Kreativität überrascht. Das beweisen die faszinierenden Damen- und Herrenkollektionen, die zweimal jährlich erscheinen, genauso wie spektakuläre Initiativen abseits des Laufstegs: etwa die silberfarbene Antonov AN3 mit Luis-Trenker-Schriftzug, die älteste Luftseilbahn der Welt in Kohlern bei Bozen als „Alpine Lifestyle Express“ oder der schwarze Pistenbully im Trenker-Look.
